Lebensweltliche Ankerpunkte und Wünsche an die Stadtteilentwicklung Bornstedts

Autorin: F. Bertel (Studierende FH Potsdam), veröffentlicht am 15.06.2023

Frau Bertel schrieb diese Reflexion zu Recherchen und Gesprächen mit Bornstedter Senior*innen im Rahmen des Interflex-Seminars im WiSe 2022/2023. Der Text wurde für die Publikation leicht redaktionell überarbeitet.

Potsdams Stadtteil Bornstedt ist in den letzten 30 Jahren stark gewachsen. Am 22.02.1993 wurde ein Entwicklungsplan für das sogenannte Bornstedter Feld bekannt gemacht, der das Ziel verfolgte, mehr Wohnraum und die dafür nötige Infrastruktur (Verkehrsanbindung, Geschäfte, soziale Einrichtungen, etc.) zu schaffen. Und auch wenn dort inzwischen viele Menschen leben, so fehlte es doch lange an den versprochenen Einrichtungen, gerade was Schulen und Kindergärten angeht (vgl. Berg 2010). Bis heute gibt es keine richtigen Cafés, abgesehen von den Bäckereicafés. Gerade die Senioren würden sich dies sehr wünschen. Ihnen fehlt ein Treffpunkt, an dem sie in den Genuss von Getränken und Kuchen kommen können. Oft wurde auch bemängelt, dass die Neubauten nicht an die historischen Gebäude angepasst wurden, sondern langweilige, moderne Häuser ohne besonderen Charakter seien. Dem stimmte 2018 sogar der ehemalige Chef der Entwicklungsträger Bornstedter Feld GmbH in einem Interview mit dem Tagesspiegel zu.

2001 wurde der ehemalige Exerzierplatz (heute: Volkspark Potsdam) – aus der Zeit als das Bornstedter Feld noch militärisches Sperrgebiet war – im Zuge der Bundesgartenschau aufwendig von militärischen Rückständen befreit und umgestaltet (vgl. Wikipedia).

Blumenpracht im Volkspark, Foto von Janine Stiefel, CC BY 4.0

Da die Umgestaltung viel Geld gekostet hat, und um die laufenden Kosten der Instandhaltung zu finanzieren, war der Eintritt zum Volkspark lange Zeit kostenpflichtig. Eine Jahreskarte kostet beispielsweise 19 €, was auf 365 Tage gerechnet nicht viel erscheint. Dennoch erntete die Gebührenerhebung viel Kritik und führte zu Diskussionen, die bis in die Lokalpolitik reichen. Mit dem neuen Beschluss zur Abschaffung der Gebühren dürfte der Volkspark mehr Zuspruch finden und gerade bei Studierenden und Anwohnern ein beliebter Treffpunkt werden. Zudem finden es viele Bewohner schade, dass der Park im Zuge des Bebauungsplans seit dem Ende der Bundesgartenschau immer weiter geschrumpft ist. Trotzdem ist der Volkspark schon jetzt ein beliebtes Ziel, auch dank des Circus Montelino, welcher am Rande des Parks seine Zelte aufgeschlagen hat und Kindern Fähigkeiten wie Akrobatik lehrt, auch während der Ferienzeiten.

Sportgruppe im Volkspark, Foto von Janine Stiefel, CC BY 4.0

Generell scheint es die Bornstedter*innen gerne in die grünen Oasen rund um Bornstedt zu verschlagen. Viele zählen den Ruinenberg, den Park Sanssouci, das Katharinenholz, die Bornimer Feldflur, den Volkspark und die Russische Kolonie Alexandrowka zu den schönsten Orte Potsdams.

Abendhimmel vor Schloss Sanssouci, Foto von Felicitas Bertel, CC BY 4.0

Viele wünschen sich eine bessere Taktung der Busse und Trams, gerade nachts und am Wochenende, sowie insgesamt Verbesserungen des Nahverkehrsnetzes. Da die Tram momentan ab 20 Uhr nur noch alle 20 Minuten fährt und zwischen 1.12 Uhr und 4.50 Uhr der Nachtbus am Wochenende von der Kirschallee insgesamt nur drei Mal in Richtung Hauptbahnhof fährt – unter der Woche fährt dieser sogar nur zwei Mal zwischen 0.37 Uhr und 4.17 Uhr – sind die Anbindungen an das Stadtzentrum begrenzt. Dadurch kann man in Bornstedt vergessen, dass man eigentlich in einer Stadt wohnt. Die Situation ist an der Haltestelle Campus Fachhochschule etwas besser, da dort noch die Linien aus und in Richtung Campus Jungfernsee fahren.

Daran schließt sich ein weiteres Problem an: Wo sollen sich die Jugendlichen aufhalten? In Bornstedt gibt es nur einen offiziellen Treffpunkt für Jugendliche: das Ribbeckeck. Und dieses ist schon seit Jahren sehr heruntergekommen und die von der Stadt versprochenen Gelder für Renovierung und neue Möbel lassen auf sich warten. Von vielen öffentlichen Plätzen werden die Jugendlichen nachts sogar vertrieben, obwohl sich nicht alle schlecht verhalten. Die Bornimer Feldflur, sowie der Parkplatz vom REWE Michael Batz, in der Nähe des Johan-Bouman-Platzes, und der Campus der FH mit dem Casino sind beliebte Jugend-Treffpunkte.

Die Bewohner bemängeln auch den Verkehrsfluss an der Potsdamer Straße. Zur Rush-Hour in der Woche ist sie regelmäßig überfüllt und der Verkehr staut sich, da sie eine von nur zwei Bundesstraßen ist, die aus Potsdam heraus- und in die Innenstadt hineinführen. Dies hat zur Folge, dass auch die Busse nicht vorankommen und der Verkehr auf der Straße sehr viel Lärm und Abgase produziert. Doch eine Verkehrsberuhigung ist durch den Status als Bundesstraße sehr schwierig.

Ein anderes Thema, das immer wieder für Diskussionen sorgt, ist die Biosphäre. Diese wurde gleichzeitig mit der Umgestaltung des Volksparks als Tropenhalle gebaut. Sie wird jedoch seit Jahren nicht mehr gut besucht und schreibt ständig rote Zahlen. Deswegen wird viel über eine Umnutzung diskutiert. Meine Interviewpartnerin äußerte den Wunsch, die Biosphäre in ein Gemeindezentrum für Bornstedter umzuwandeln, in dem es Essen gibt und sich die Anwohner treffen können. Generell ist eine Umnutzung jedoch mit Umbauten und somit mit sehr hohen Kosten verbunden, da das Gebäude eben als Tropenhalle konzipiert wurde.

Insgesamt wurden in unseren Interviews jedoch viel mehr positive als negative Aspekte Bornstedts aufgeführt. Dies lässt sich auch an der interaktiven Karte zeigen, die sich auf der Webseite findet.

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